Interview mit Edinson Patino, Sprecher der kolumbianischen Erzeugergemeinschaft NUEVO FUTURO (Kolumbien, 5.11.2002)

Edinson Patino
ist 22 Jahre alt und hat eine Tochter. Seine Schulbildung entspricht dem deutschen Abitur. Zusätzlich hat er verschiedene Kurse besucht, um für die Kooperative NUEVO FUTURO zu arbeiten. In der Kooperative ist er u.a. für die Vermarktung des Kaffees und für die Technik zuständig. Er unterstützt das Leitungsgremium von NUEVO FUTURO in seiner Arbeit.

Wie hat die Zusammenarbeit mit dem Fair gehandelten Kaffee begonnen?
Die Kooperation hat 1994 begonnen. Es war eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten Kolumbien und Deutschland unter Unterstützung der GTZ*, der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit. Es war die Absicht des Projektes, den Anbau von Koka und Mohn durch legalen Anbau zu ersetzen. Nach drei Jahren kam schließlich El Puente* dazu und 1997 wurde der erste biologisch produzierte Kaffee verkauft.

Warum haben die Bauern ursprünglich Koka angebaut?
Mit dem Anbau von Koka haben sie mehr Geld verdient im Vergleich zum Anbau von anderen Kulturen wie z.B. Kaffee. Aber mit unserem Projekt haben wir erreicht, dass die Bauern in unserer Kooperative den Anbau von Koka gänzlich aufgegeben haben und vollständig auf den Anbau von biologischem Kaffee umgestiegen sind.

Warum sind die Bauern umgestiegen?
Die Bauern waren vorher völlig vom Koka abhängig und haben teilweise ihre alten Anbaumethoden vergessen oder aufgegeben. Sie haben nicht mal eigene Gärten zur Selbstversorgung gehabt und mussten alles einkaufen.

Der normale Kaffeeanbau wäre keine Alternative gewesen?
Vor einigen Jahren wäre der herkömmliche Kaffeepreis eine Alternative gewesen. Aber durch den Verfall der Kaffeepreise auf dem internationalen Markt deckt der Verkauf des Kaffees inzwischen nicht einmal mehr die Produktionskosten.

Was waren die Vorteile für die Bauern durch die Kooperation mit fair gehandeltem Kaffee?
Der erste Vorteil ist, dass die Bauern genau wissen, was sie tun, nämlich dass sie ökologisch produzieren – und darauf sind sie sehr stolz.
Und der zweite Vorteil ist, dass die Bauern Anteil an den Geschäften mit El Puente haben und von der Zusammenarbeit profitieren. Und drittens haben die Bauern einen direkten Vorteil durch die gerechten Preise.

Wie viel Menschen leben von den gerechten Preisen?
Die meisten Mitglieder der Genossenschaft NUEVOR FUTORO sind Familienoberhäupter, etwa 100 Männer, insgesamt sind es ca. 140 Familien und 300-500 Menschen.

Welche Veränderungen haben im Leben für die Menschen durch die Umstellung von Koka auf Bio-Kaffee ergeben?
Im Anfang war das eine Sache, die man nicht glauben wollte, weil das unvorstellbar war, der biologische Anbau. Mit der Zeit haben sich dann aber die Vorteile herausgestellt. Zum einen was den Verkauf angeht und zum anderen, dass sich die Lebenssituation auf den Fincas, den Bauerhöfen, deutlich verbessert hat.


Inwiefern hat sich die Lebenssituation verbessert?

Es sind keine großartigen Lebensbedingungen unter denen wir leben, aber sie sind akzeptabel. Es hat sich folgendes verbessert: Die Bauern düngen mit ihrem eigenem Dünger und sie haben ihre eigenen Gärten, wo sie ihr Gemüse anbauen. Dadurch hat sich auch der allgemeine Gesundheitszustand verbessert. Und weil für ihren Kaffee ein gerechter Preis bezahlt wird hängen sie nicht mehr vom Weltmarkt ab.

Fühlen Sie sich privilegiert gegenüber den anderen Bauern?
Ja. Wir sind stolz, dass wir bei dieser Sache mitmachen. Wir arbeiten an einer gerechten Sache.

Was ist am Kaffee das biologische?
Der gesamte Prozess der Produktion und der Zertifizierung.

Das ist doch viel aufwendiger als der normale Produktionsprozess?
Es ist eine aufwendige und teure Angelegenheit über viele Jahre. Es ist ein Prozess der Kontinuität.

Wird sich der von ihnen angebaute Bio-Kaffee irgendwann selber tragen ohne dass „Faire Preise“ bezahlt werden oder ist das die Bedingung für den Verkauf auch in Zukunft?
Weil viele Menschen noch nicht viel über ökologisch produzierten Kaffee wissen, wird es wohl noch eine Weile so bleiben, dass wir von Organisationen wie El Puente oder anderen abhängig sind.

Gibt es Überlegungen den Kaffee auch in andere Länder zu verkaufen?
Es hat Kontakte mit anderen Aufkäufern gegeben. Gegenwärtig stehen wir mit El Puente in Verhandlungen. Nur weil wir schon so lange mit El Puente* zusammenarbeiten können wir überhaupt über neue Vermarktungsformen nachdenken

Wie ist die Entwicklung? Wird die Kooperative tendenziell mehr produzieren oder bleibt es auf dem bisherigen Niveau an biologisch hochwertigen Qualitätskaffee?
Die Produktion steigt.

Wie sieht die Zukunft aus?
Zurzeit ist die Arbeit etwas schwierig, weil es keine institutionelle Unterstützung vom Staat gibt. Unser Wunsch wäre es, dass wir mehr Unerstützung bekommen z.B. für den Ausbau unserer Fincas und für die Verbesserung der Produktion.

Was ist ihr größter Wunsch für die Zukunft?
Zwei Dinge: dass wir international wettbewerbsfähig werden und dass wir eine Abnahmegarantie für unsere Kaffeeproduktion haben.

Noch eine Abschlussfrage: Wie gefällt ihnen Deutschland?
Es ist ein Land das mich sehr freundlich aufgenommen hat und es ist sehr gut organisiert! Sehr entwickelt im Vergleich zu anderen Ländern und sehr kalt…!

(Anmerkung des Autors: Der kolumbianische „Winter“ hat Temperaturen zwischen 17 und 20 Grad.)

Worauf sind sie besonders stolz?
Das was uns Kolumbianer sehr stolz macht, ist, dass der Kaffe den wir produzieren, beim deutschen Gaumen große Anerkennung findet!

Die Übersetzung besorgte Friedrich Doormann.
Das Interview führte Axel Jürgens.

 

* El Puente ist der Kaffeeimporteur und einer der größten fairen Händler in Europa.