Reisebericht

Kolumbien 5. bis 10. März 2001

Nuevo Futuro – Jeden Tag ein kleines Stück Neue Zukunft - für die Biokaffeebauern
Die Reise begann in Bogota bei einem der ganz wichtigen Partner im kolumbianischen Kaffeegeschäft, dem Exporteur

Expocafe
Nach kolumbianischem Recht duerfen Kaffeeproduzenten nicht exportieren und Exporteure nicht produzieren. Um jedoch den Aufkaufern der grossen Kaffeeexporteure nicht ausgeliefert zu sein, haben die 42 regionalen Genossenschaften der kolumbianischen Kleinbauern ihre eigene Exportfirma gegruendet, Expocafe

Bei der ersten Station der diesjaehrigen Projektreise nach Kolumbien traf ich mit Maria Victoria Barriga zusammen, die den Export unserer Bestellungen organisiert. Vor dem Hintergrund der eigenen Entstehung hat expocafe ein besonderes Interesse am Aufbau und der Vermarktung biologischen Kaffees von Kleinbauern-kooperativen.

Mittlerweile gibt es neben Nuevo Futuro, unserem langjaehrigen Partner, zwei weitere Erzeugergemeinschaften fuer biologischen Kaffee, eine weitere Erzeugergemeinschaft im Cauca und eine an der Nordkueste. Edinson von der Kleinbauernvereinigung Nuevo Futuro, die unseren café organico liefern, hatte mich begleitet und gleich die Abwicklung der diesjaehrigen Ernte besprochen.

Expocafe ist der einzige Exporteur, der die direkte Weiterleitung der Mehrpreiszahlung an die Produzenten garantiert, ein fuer Kolumbien durchaus unueblicher Vorgang. Im letzten Jahr waren das immerhin fast 40% des Exportpreises. Der Besuch hat mich bestaerkt, dass wir in expocafe einen verlaesslichen Partner fuer die Abwicklung der kolumbianischen Kaffeexporte haben.

Die Kaffeebauern von Nuevo Futuro
Auf gehts nach Popayan zur Association de Productores Nuevo Futuro. Unterwegs besuchen wir gleich zwei Mitglieder auf ihren Fincas, wie die ein bis zwei Hektar grossen Flaechen mit Kaffee etwas grossspurig genannt werden.

Die Luft ist rein und die Strasse ist frei, so ist die Zuversicht gross, heute nicht auf Paramilitares oder Guerillas zu treffen. Tatsaechlich haben sich meine Gastgeber schon eine gehoerige Portion schwarzen Humor zugelegt, anders meinen sie koenne man nur zuhause bleiben und dort koenne einem auch etwas. Als die Auseinandersetzungen im Cauca vor etwa zwei Jahren drastisch zugenommen haben, waren die Ueberlandstrassen, auch die Panamericana, auch tagsueber wie leergefegt. Heute ist jedoch wieder reger Verkehr, insofern vertrauenserweckend, als es einen nicht alleine trifft.

In Mondomo, kurz vor Popayan,biegen wir ab und fahren in die Berge, ein Reservat der Indigenas der Paez. Auch die beiden Mitglieder von Nuevo Futuro gehoeren zu den Paez.

Roberto lebt mit seiner Frau und elf Kindern (das sei gar nicht so viel wie man mich beschwichtigt) auf seinem etwa sechs Hektar grossen Land, von denen etwa zwei Hektar bewirtschaftet sind, einer mit Kaffee. Damit stuende noch genuegend Flaeche fuer die Kinder zur Verfuegung, wie mir Roberto erklaert. Nein nicht fuer alle, von den grossen sind schon drei in Popayan, die groesste lernt Krankenschwester.

Oekologischer Kaffeeanbau mutet an wie ein kleiner Dschungel. Die Kombination der unterschiedlichsten Schattenbaeume, Nutz- und (soweit mir scheint) Unkraeuter erzeugt eine fuer Nuetzlinge und Schaedlinge ausgewogene Umgebung. Dabei entsprechen die Arten der Kaffeepflanzen natuerlich den Empfehlungen der Federation de Cafeteros de Colombia zur Erzielung des fuer kolumbianischen Kaffee typischen Charakters und der hochstehenden Qualitaet.

Aufgrund der hohen Lage zwischen 1500 und 1800 Metern wird mindestens fuenf mal geerntet. Jedesmal wird die gesamte Finca durchkaemmt, nur die roten Kaffeekirschen werden geerntet,die gruenen bleiben bis zum naechsten Durchgang dran.

Entscheidend fuer die Qualitaet ist, dass der geerntete Kaffee noch am gleichen Tag weiterverarbeitet wird. Zunaechst wird die Schale entfernt (die Pulpa) und dann der Kaffee gewaschen. Hierfuer verfuegt auch die kleinste Finca ueber das geeignete Geraet. Anschliessend werden die bereits gewonnenen Bohnen, noch in der inneren Schale, getrocket. Die inzwischen bei allen Mitgliedern errichteten Regendaecher ermoeglichen den Bauern eine wetterunabhaengige und gleichmaessige Trocknung.

Im Rahmen des ökologischen Kaffeeanbaus bei Nuevo Futuro spielen Meerschweinchen eine zunehmende Bedeutung. Es dauerte eine Weile bis ich verstand, jedoch liefern sie einen wertvollen Beitrag zum Kompost für die Kaffeepflanzen. Darüber hinaus sind sie eine willkommene Ergänzung der Ernährung für die Familie. Einige Bauern haben bis zu 200 Tiere und können durch den Verkauf noch das Familieneinkommen aufbessern.

Ökologischer Kaffeeanbau bedeutet auch eine Menge Kontrolle und Papierkram. Vier Bauern Von Nuevo Futuro waren am gleichen Tag angereist, um die interne Kontrolle der Finca von Roberto durchzuführen.

Diese findet in enger Abstimmung mit der Kontrollstelle Biolatina statt und umfaßt im Laufe des Jahres alle 80 Voll-Mitglieder und 50 neue Mitglieder in Umstellung. Außerdem war der Kontrolleur von Biolatina da, einer lateinamerikanischen Kontrollstelle, die ihrerseits von der Göttinger Gesellschaft für Ressourcenschutz auf die Einhaltung der europäischen Richtlinien überwacht wird.

Aufgrund der hohen Lage zwischen 1500 und 1800 Metern wird mindestens fuenf mal geerntet. Jedesmal wird die gesamte Finca durchkaemmt, nur die roten Kaffeekirschen werden geerntet,die gruenen bleiben bis zum naechsten Durchgang dran.

Entscheidend fuer die Qualitaet ist, dass der geerntete Kaffee noch am gleichen Tag weiterverarbeitet wird. Zunaechst wird die Schale entfernt (die Pulpa) und dann der Kaffee gewaschen. Hierfuer verfuegt auch die kleinste Finca ueber das geeignete Geraet. Anschliessend werden die bereits gewonnenen Bohnen, noch in der inneren Schale, getrocket. Die inzwischen bei allen Mitgliedern errichteten Regendaecher ermoeglichen den Bauern eine wetterunabhaengige und gleichmaessige Trocknung.

Überhaupt war ganz schon was los auf der kleinen Finca von Roberto an diesem Tag, denn außer den Kindern, natürlich waren auch jene aus Popayan angereist, waren noch die Nachbarn, die vier Bauern, der Mensch von Biolatina, ich und meine Begleiter vom Projecto Cafe Organico da. Wir alle werden uns noch lange an diesen Tag erinnern.

Wir haben es jetzt eilig, noch vor Dunkelheit Popayan zu erreichen. Wir erreichen Monimbo und kommen schnell in die Vororte. Tags darauf erfahren wir, daß wohl kurz nach in Monimbo uns ein Bus von der Guerilla entführt wurde. Dies stellt eine gewisse Effektivierung dar, da man gleich 20-30 Leuten habhaft werden kann. Schwer nachzuvollziehen, wie die Guerilla dies im Kampf für die Armen vermitteln will, zumal gerade in Überlandbussen nicht gerade die Reichen des Landes fahren. Die Entführung von Ausländern ist zwar einträglicher, aber recht aufwendig, da das Geld irgendwie über die Botschaft organisiert werden muß. Ein Businsasse bringt zwar “nur” 50.000 DM, ein ganzer Bus aber wie gesagt, schon deutlich mehr.

Beklommen frage mich, wie hoch wohl mein Wert gewesen wäre ...



Versammlung von Nuevo Futuro

Tags darauf war Versammlung in Popayan. Sie wurde extra verschoben, damit möglichst viele Bauern Gelegenheit haben, mich zu treffen. Treff ist im Büro, das förmlich aus den Angeln gehoben wird: Die Asocacion de Productores Organicos Nuevo Futuro besteht aus fünf regionalen Gruppen, die je vier Mitglieder zu den zweimonatigen Versammlungen entsenden. Ferner waren Vertreter von zwei neuen Gruppen zugegen, deren Mitglieder sich in Umstellung auf den biologischen Anbau befinden. Eingeladen waren auch zwei Gruppen von ökologischen Kaffeebauern aus anderen Regionen Kolumbiens. So waren etwa 50 Leute da. An zwei Tagen war ich dabei, das Treffen dauerte noch drei weitere Tage.

Im Mittelpunkt stand die weitere Zusammenarbeit mit dem Kunde EL PUENTE, die Ernteschätzung für dieses Jahr und eine Zusammenarbeit mit weitere Gruppen von ökologischem Kaffeebauern in Kolumbien, Idee ist die Gründung eines nationalen Verbands für ökologischen Kaffeeanbaus.

Immer wieder kommt die Diskussion auf den sobeprecio, den Mehrpreis im Fairen Handel. Für die Neuen ein Unding, so was ist in Kolumbien noch nicht vorgekommen, hat man da nicht doch etwas falsch verstanden? Nein, aber verzwickt ist die Sache schon, denn in Kolumbien braucht man ja einen Exporteur, über den die Mehrpreiszahlung läuft, und da ist expocafe bislang der einzige, der bereit ist, die mit den Bauern getroffene Vereinbarung ohne Abzüge umzusetzen.

Ich merke wie problematisch die pauschale Anwendung des Mindestpreises von 1,20 USD pro Pfund gegenüber Kaffeekooperativen aus anderen Ländern ist. In Kolumbien ist die Situation eine ganz andere: Zahlreiche Aufgaben der Weiterverabeitung und Qualitätssicherung von Kaffee, für die die Kooperativen in Ländern wie Mexiko und Nicaragua selbst verantwortlich sind, werden ihnen in Kolumbien von den regionalen und nationalen Instutionen der Vereinigung der Kaffeebauern, der Federation National de Cafeteros (FNC), übernommen.

So verfügt die Cooperativa de Caficultores del Cauca in Popayan mit ihren 2000 Mitgliedern über elektronisch gesteuerte Anlagen zur Sortierung des Kaffees, die auch automatisch schlechte Bohnen erkennen und ausfiltern können. Die Cooperativa verfügt auch über genügend Kapital, um den Cafe bei der Ernte wöchentlich aufzukaufen und bis zum Export durch expocafe zu sammeln. Die Bauern von Nuevo Futuro nehmen diese Dienstleistung in Anspruch, die Mitgliedschaft in der Cooperativa ermöglicht ihnen auch Zugang zur Krankenversicherung. Die Mehrpreiszahlung geht jedoch direkt an Nuevo Futuro.

Die Reise geht weiter, wieder dem Flugzeug, nach Cali zu Asprome, unseren Produzenten fuer die biologischen Fruchtaufstriche. Schon mi Flugzeug, eroeffnet uns der Kapitaen, dass da leider ein rotes Licht am falschen Platz zur falschen Zeit leuchtet. Wir steigen also wieder aus und warten auf die Bereitstellung eines Ersatzflugzeuges. Mal sehen, ob das heute noch was gibt ...



Martin Moritz, Kolumbien, im März 2001